Nachhaltige Kompetenz
Die Basis sowohl für den Erfolg ihrer Arbeit als auch für das Vertrauen ihrer Mitglieder und Förderer bildet neben dem Engagement für die selbst gewählte Aufgabe die Professionalität und fachliche Kompetenz, mit der Projekte von der Aktion Fischotterschutz betrieben werden. Dabei stehen fünf miteinander vernetzte Bereiche im Vordergrund: Die Forschung, die Biotop- und Regionalentwicklung, die Naturschutzbildung, die Öffentlichkeitsarbeit und die nationale bzw. internationale Kooperation.
Forschung vorantreiben
Allein der Wunsch, „Naturschutz zu machen“, reicht nicht aus. Man muss wissen, wo, wofür, wogegen, womit und man muss prüfen, was er bewirkt. Forschung gehört daher von jeher zu den Grundvoraussetzungen der Aktion Fischotterschutz.
Deren Forschungsprogramm ist breit gefächert. Es ist geprägt von Interdisziplinarität und Anwendungsorientierung. Deshalb umfasst es nicht allein die klassischen biologischen und ökologischen Disziplinen wie Zoologie, Vegetationskunde, oder Limnologie (Süßwasserkunde), sondern auch technische, ökonomische und soziologische Disziplinen wie Land-, Forst- und Wasserwirtschaft, Betriebswirtschaftslehre, Marketing, Pädagogik oder Soziologie.
Die Aktion Fischotterschutz arbeitet dabei mit Hochschuleinrichtungen im In- und Ausland zusammen und hat seit 1979 weit über 150 Diplom- und Doktorarbeiten initiiert, betreut oder finanziert. Neben seinen eigenen, meist langfristig angelegten Forschungsprojekten führt der Verein auch Forschung im Auftrag z. B. des Bundesverkehrsministeriums, des Bundesumweltministeriums, des Bundesamtes für Naturschutz sowie verschiedener Länderministerien und -behörden durch.
Die rd. ein Dutzend fest angestellten Wissenschaftler des Vereins nutzen für ihre Forschungsarbeiten die modernsten Geräte und Technologien, von der elektronischen Lautanalyse über die Telemetrie, der satellitengesteuerten Flächenverwaltung und -bewertung bis zu Programmen zur Berechnung hydraulischer Abflussmodelle. Ihnen stehen dabei auch das vereinseigene Wasserlabor sowie eine spezielle Forschungsanlage für zoologische Verhaltensstudien zur Verfügung.
Lebensräume entwickeln
Im Zentrum des Naturschutzes stehen die Lebensräume – die von Flora und Fauna gleichermaßen wie die des Menschen. Dort, wo deren Funktionen und Prozesse noch weitgehend unbeeinträchtigt geblieben sind, bedürfen sie des Schutzes – eine Aufgabe, die vorrangig den Behörden obliegt. In den ungeschützten Bereichen liegt dagegen das Betätigungsfeld der Aktion Fischotterschutz.
Exemplarisch für ihre Arbeitsweise ist das Erprobungs- und Entwicklungsvorhaben zur Revitalisierung in der Ise-Niederung, dem größten Vorhaben seiner Art in Deutschland. Der 43 km lange Flusslauf wurde in den 60er Jahren nach rein technischen Gesichtspunkten ausgebaut. Ziel des seit 1987 von der Aktion Fischotterschutz getragenen Vorhabens ist es, die daraus resultierenden negativen Folgen für den Naturhaushalt zu beseitigen und gleichzeitig den Ansprüchen der in der Ise-Niederung lebenden Menschen gerecht zu werden.
Das geschieht weniger durch technische „Rückbaumaßnahmen“, sondern vorrangig durch eine Veränderung der Rahmenbedingungen. So wurde z. B. bisher auf über 900 ha Fläche die Nutzung verändert. Dort wird heute eine extensive Grünlandwirtschaft betrieben. Die wasserbauliche Unterhaltung der Ise wurde den tatsächlichen Erfordernissen angepasst, so dass sich in der Ise und an ihren Ufern wieder vielfältige Strukturen ausbilden konnten.
So entstand ein grünes Netz aus über 50 km Krautsäumen und Randstreifen sowie rund 20 km Hecken und Ufergehölzen. Schon jetzt hat sich nicht nur die Anzahl der Libellen- und Brutvogelarten erhöht, auch der Fischotter ist nach über zwanzigjähriger Abwesenheit wieder an die Ise zurückgekehrt. Und es entstanden klassische win/win-Situationen mit den Naturnutzern. Bezeichnend dafür ist die Gründung einer Regionalvermarktung für „naturschutz-gerecht“ erzeugtes Rind-, Schaf- und Schweinefleisch aus der Ise-Niederung.
Landwirte profitieren finanziell vom Naturschutz und auch zunehmend mehr Menschen aus den Orten der Umgebung machen Ausflüge in „ihre“ Ise-Niederung. Der Kreis hat sich geschlossen – es geht nur miteinander und zum Wohl aller. Aber das setzt neben klugem und sensiblem Vorgehen Konflikt-, vor allem aber Kompromissbereitschaft voraus – und Menschen die andere für die Idee begeistern können.
Die Erfahrungen aus diesem und ähnlichem Vorhaben fließen ein in überregionale und internationale Projekte zur Vernetzung von Lebensräumen. So hat die Aktion Fischotterschutz u.a. ein Konzept „Otter-Habitat Netzwerk Europa“ erarbeitet, durch das die weitgehend isolierten Ottervorkommen Europas über die Entwicklung von Lebensräumen wieder miteinander vernetzt werden sollen. Mittlerweile arbeitet der Verband an mehreren großen Gewässerprojekten, zum Beispiel an der Aller, der Ohre im „Grünen Band“ oder den Gewässern im Großraum Hamburg. Selbst an der Alster inmitten von Hamburg wurden von der Aktion Fischotterschutz bereits Maßnahmen umgesetzt.
Holzwege bleiben Holzwege –
auch wenn sie asphaltiert werden.
Werner Mitsch
Wissen vermitteln
Langfristig wirkungsvoller Naturschutz kann nicht ausschließlich durch Gesetze oder Strafandrohungen erreicht werden. Seine Verwirklichung setzt vielmehr Kenntnisse und vor allen Dingen Einsicht und Verständnis voraus. Um diese zu vermitteln, geht die Aktion Fischotterschutz neue, innovative Wege. Auch rund ein Vierteljahrhundert nach seiner Eröffnung ist das OTTER-ZENTRUM Hankensbüttel hierfür noch immer ein in ganz Europa vielzitiertes Beispiel.
In seinem 55.000 qm großen Freigelände finden sich Ausschnitte aus verschiedenen heimischen Biotopen, in denen die Besucher des Zentrums einheimischen Marderarten so begegnen, als befänden sie sich gemeinsam mit ihnen im gleichen Lebensraum. Vorgestellt werden ihnen diese im Rahmen viertelstündlich stattfindender Fütterungen, bei denen die Tierbetreuer einen Dialog mit den Besuchern führen und umfassend deren Fragen beantworten. Ansonsten gilt für die Wissensvermittlung im OTTER-ZENTRUM das Prinzip „Spiele und Lerne“. Informationen werden nicht zum rein visuellen Konsumieren angeboten, sondern aktiv durch kleine Lernspiele oder Experimente erworben – eine Vermittlungsform, die sich nicht nur als sehr effizient erwiesen hat, sondern Jung und Alt gleichermaßen Spaß macht. Spaß machen auch die Erlebnisinstallationen wie zum Beispiel die 100 m lange Naturerlebnisbrücke über den Isenhagener See mit 10 Erlebnisstationen oder die Seilfähre – beide ermöglichen einen neuen, erlebnisorientierten Zugang zu Lebensräumen vor unserer Tür wie auch die drei themenbezogenen Erlebnisspielplätze für die kleineren Gäste.
Und genau das will die Aktion Fischotterschutz mit ihrer Bildungsarbeit erreichen: Die Freude an dem Versuch, aktiv an der Gestaltung des Naturschutzes mitzuwirken. Dabei konzentriert sie sich bewusst auf Menschen, die sich bisher kaum mit dem Thema Naturschutz auseinandergesetzt haben. Ihr Ziel ist es, dieses in immer neue gesellschaftliche Gruppen hineinzutragen. Und dass ihr dies gelingt, beweisen die rund 80.000 Menschen, die alljährlich das OTTER-ZENTRUM besuchen.
Dort finden sich auch immer mehr Teilnehmer an den informativen Sonderveranstaltungen zu speziellen Naturschutzthemen oder den Seminaren ein, die sich z. B. an Auszubildende oder Führungskräfte aus Wirtschaft und Verwaltung wenden. Seit dem Jahr 2001 ist das OTTER-ZENTRUM vom Niedersächsischen Kultusministerium als außerschulischer Lernort anerkannt. Mehrere Lehrkräfte sind an das Regionale Umweltbildungszentrum RUZ abgeordnet und unterrichten dort gemeinsam mit den Pädagogen der Abteilung Naturschutzbildung anschaulich und praxisbezogen jedes Jahr mehrere Hundert Schulklassen in einem Seminarraum oder in einem der beiden Freiluftklassenzimmer.
Medien nutzen
Wer den Naturschutz in alle gesellschaftlichen Gruppen tragen und zum Gemeingut machen will, der muss sich der Instrumentarien bedienen, die diese Mediengesellschaft prägen. Professionelle Öffentlichkeitsarbeit wird daher bei der Aktion Fischotterschutz groß geschrieben.
Ihr Pressedienst LUTRA geht mit über 60 Mitteilungen pro Jahr an bis zu 180 Redaktionen und erbringt Veröffentlichungen in den Printmedien in einer zweistelligen Millionenzahl. Hinzu kommen Rundfunk- und Fernsehberichte, die aneinandergereiht alljährlich mehr als 3 Stunden ausmachen. Und wenn der Aktion Fischotterschutz ein Thema ganz besonders am Herzen liegt, dann produziert sie auch schon einmal Filme selbst. Das gilt ebenso für Bücher, Naturerlebnisführer, Bestimmungshilfen und sogar DVDs, mit denen Interesse am Naturschutz geweckt und spezielle Projekte vorgestellt werden.
Für das Fachpublikum gibt die Aktion Fischotterschutz die wissenschaftliche Schriftenreihe HABITAT heraus, in der bereits über ein Dutzend Bände erschienen sind. Sie enthalten Dokumentationen, Untersuchungsergebnisse, Erfahrungsberichte und Tagungsvorträge.
Dreimal jährlich erhalten die Mitglieder und Förderer der Aktion Fischotterschutz kostenlos ein Mitteilungsblatt, die „Otter-Post“. Sie informiert ausgiebig über alle Aktivitäten des Vereins und den Fortgang von Projekten, zeigt Mitgliedern Möglichkeiten der Mitwirkung auf und stellt weiterführende Informationsmöglichkeiten vor. Traditionell enthält die Juni-Ausgabe der „Otter-Post“ den zusammenfassenden Bericht des abgelaufenen Kassenjahres einschließlich des umfassenden Kassenberichts.
Zusätzlich erhalten alle Förderer des Vereins bis zu sechsmal jährlich kostenlos das vierseitige „Otter Journal“, in dem neue Projekte und die Möglichkeit, diese zu fördern, vorgestellt werden. Und natürlich zeigt die Aktion Fischotterschutz Präsenz im Internet, wie zum Beispiel in den sozialen Netzwerken.
Tun Sie gelegentlich etwas,
womit Sie weniger oder gar nichts verdienen.
Es zahlt sich aus.
Oliver Hassencamp
Lokal und Global kooperieren
Naturschutzprobleme kennen keine politischen Grenzen. Grenzüberschreitende Kooperation gehört daher zu den Selbstverständlichkeiten in der Arbeit der Aktion Fischotterschutz.
Das beginnt schon auf der kommunalen Ebene, wo die Aktion Fischotterschutz maßgeblich am Aufbau einer Koordinationsstelle der im Landkreis Gifhorn tätigen Natur- und Umweltschutzverbände (KONU) beteiligt war. Im Rahmen dieses Zweckbündnisses von 8 anerkannten Naturschutzverbänden wird die Verbandsbeteiligung koordiniert und damit der Einfluss des Naturschutzes auf behördliche Genehmigungsverahren gestärkt.
Bundesweit ist der Verein ein gesuchter Ansprechpartner nicht nur in Fragen des Otterschutzes. Sein Rat ist ebenso gefragt, wenn es um die Einrichtung neuer Umweltzentren oder Naturschutzbildungs-Programme, die Durchführung großräumiger Biotopentwicklungsprojekte, die artgerechte Tierhaltung, die Öffentlichkeitsarbeit oder Managementfragen geht.
Auf europäischer Ebene hat die Aktion Fischotterschutz bereits 1985 den Grundstein für die Einrichtung eines internationalen Zuchtbuches für den eurasischen Fischotter gelegt. Damit konnte der illegale Handel mit lebenden Ottern zum Erliegen gebracht werden.
Und seit über 20 Jahren arbeitet die Aktion Fischotterschutz sehr eng mit der „Otter Specialist Group“ der Weltnaturschutzorganisation IUCN zusammen, dessen Sekretariat lange Jahre in Hankensbüttel angesiedelt war.
Weltweiten Erfahrungsaustausch fördert die Aktion Fischotterschutz bereits seit 1979, als sie das Internationale Otter-Kolloquium etablierte, bei dem im vierjährigen Turnus Wissenschaftler und Naturschutzfachleute aus über 30 Ländern zusammenkommen. Aber auch über den Otterschutz hinaus engagiert sich der Verein auf globaler Ebene durch den Austausch von Wissenschaftlern, durch Fachtagungen und Veröffentlichungen.
Vernetzt handeln
Von zentraler Bedeutung ist für die Aktion Fischotterschutz, vernetzt zu denken und zu handeln. So werden die Bereiche Forschung, Biotop- und Regionalentwicklung, Bildung, Öffentlichkeitsarbeit und Kooperation in der Naturschutzarbeit immer eng miteinander verbunden. Zur Umsetzung von Gewässerentwicklungsmaßnahmen gehören zum Beispiel auch immer die wissenschaftliche Analyse, ob und wie die Maßnahmen wirken, und eine Bildungs- und Öffentlichkeitsarbeit, die bei Nutzern und der Bevölkerung das Naturbewusstsein verbessert und Akzeptanz schafft.
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