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Stellungnahme der Aktion Fischotterschutz e.V. zur geplanten Otter-Entnahme in Bayern

Bisheriger Dialog wird einseitig übergangen.

Der Eurasische Fischotter genießt einen besonderen Schutzstatus, sein Auftau- chen ist jedoch nicht überall gerne gese- hen (©Aktion Fischotterschutz e.V. / Jürgen Borris).

Am 20. Juli 2023 setzte die bayerische Landwirtschaftsministerin Michaela Kaniber die Öffentlichkeit davon in Kenntnis, dass durch eine Verordnung bereits ab dem 1.  August Fischotter in Niederbayern und der Oberpfalz ohne aufwändige Einzelgenehmigung „entnommen“ – also getötet – werden dür­fen. Noch im Mai hatte der Bayerische Verwaltungsgerichtshof in zweiter In­stanz bestätigt, dass die per Ausnahmegenehmigung gestattete Tötung der streng geschützten Tierart an Oberpfälzer Fischteichen gegen geltendes Recht verstößt. Die Aktion Fischotterschutz e.V. war dabei eine der er­folg­rei­chen Klägerparteien, so dass die Aussage der Landwirtschaftsministerin jeg­li­cher rechtlichen Grundlage entbehrt.

Als Begründung für die aktuelle Verordnung wird von Seiten der bayerischen Regierung der Schutz der Teichwirtschaft genannt, die in ihrer Existenz be­droht sei. In den beiden vergangenen Jahren hätten 600 von 10.000 Teich­wir­ten ihre Betriebe aufgeben müssen.

Die Aktion Fischotterschutz ist zwar wenig überrascht, aber dennoch schockiert über diese in Deutschland einzigartige Scheinlösung, die den bisherigen Dialog einseitig übergeht und jeden wissenschaftlichen, faktenbasierten Ansatz für eine gemeinsame Gesprächsgrundlage und Lösungsfindung erstickt. Noch Ende Januar nahm der niedersächsische Natur­schutz­ver­band an einem gemeinsamen runden Tisch der bayerischen Regierung, Fischerei- und Naturschutzverbänden zum Thema Fischotter teil, wobei die immer wieder gleichen Fakten wiederholt wurden, die leider bis heute vollständig ignoriert werden.

Fischotter haben Reviere. Eine größere Population von Fischottern in einer Region bedeutet keinen größeren Schaden an einem spezifischen Teich. Tötet man einen Fischotter, wird das nun freie Revier von einem anderen Tier besetzt. Deshalb ist bereits der grundsätzliche Ansatz der gezielten Fischotterentnahme aussichtslos, sofern man nicht eine ganze Art dau­er­haft ausrotten möchte. Dies sollte selbst in Bayern nicht gewünscht sein.

Die Aktion Fischotterschutz e.V. betreibt mit der ISOS-Datenbank die größte nationale Datensammlung zur Verbreitung des Fischotters. Hierin sind im Gegensatz zu den Aussagen der bayerischen Regierung keine „belastbaren Zahlen“ zur Größe der Fischotterpopulation in Bayern bekannt. Es wird ohne wissenschaftliche Datengrundlage behauptet, dass die Tötung von Fischottern „weder die Art selbst noch die Wiederherstellung eines günstigen Erhaltungszustands des Fischotters in Deutschland beeinträchtigen“ wird. Tatsächlich liegt das Bundesland am äußersten Rand der derzeitigen Wie­der­aus­brei­tung des Fischotters von Osten nach Westen. In Westbayern und Baden-Württemberg ist der Fischotter nahezu nicht nach­weis­bar. Gerade an diesem Ausbreitungsrand ist der Bestand besonders fragil.

Lassen sich die aufgegebenen Teichwirtschaftsbetriebe der vergangenen Jahre überhaupt nachweislich einzig und allein auf die Anwesenheit des Fischotters zurückführen, der gerade eben erst dabei ist, sich langsam wieder in seinem ur­sprüng­lich heimischen Habitat auszubreiten? Eine Weltwirtschaftskrise mit historisch hoher Inflation, eine Pandemie mit noch immer nicht absehbaren Folgen und Konkurrenz durch billige Fischimporte sind ebenfalls einige der komplexen Probleme, die die Teichwirtschaft belasten. Komplexe Probleme haben keine simple Lösung, auch wenn eine solche emotional und lautstark gefordert wird.

Fischotter richten unbestritten Schäden in Fischteichen an, das liegt in ihrer Natur. Doch eine Verordnung zum Töten, wel­che biologisch keinen Sinn ergibt und gegen die Meinung von Experten und gegen jede rechtliche Grundlage pünktlich zum Wahlkampf übers Knie gebrochen wird, ist keine Lösung. Maßnahmen wie die Sicherung von Teichen durch Um­zäu­nung und Ausgleichszahlungen für nachweisliche Schäden durch Fischotter sind aufwändig und komplex, kosten Geld und tau­gen damit nicht als Parole auf einem Wahlplakat. Aber sie haben zwei unschätzbare Vorteile, die der aktuellen baye­ri­schen Verordnung fehlen: Sie töten kein streng geschütztes Tier. Und sie funktionieren.