Kartengrundlage

Kartengrundlage

Bei der 1999/2000 durchgeführten Evaluierung und Fortschreibung der Erhebungsmethode, die im Jahr 2000 als HABITAT-Band 12 veröffentlicht wurde, konnte man auf eine immerhin 20-jährige Erfahrung zurückgreifen. Zwar gab es einige methodische Aspekte, die wegen der sehr unterschiedlichen Verhältnisse in Europa einer intensiven Diskussion und klarer Definitionen bedurften. So ist es eben ein Unterschied, ob man eine Verbreitungserhebung in einem seenreichen Land, wie Schweden, oder einem Gebirgsland, wie der Schweiz, durchführt. Doch letztlich konnten diesbezüglich Regelungen gefunden werden, die international anwendbar sind.

Wesentlich schwieriger gestaltete sich dies bei dem Versuch, eine für ganz Europa nutzbare Kartengrundlage zu finden. Da die Erde nun einmal rund ist (oder besser: die Form einer Kartoffel hat), entwickelten die Kartographen in nahezu jedem Land eine eigene Methode, deren Wölbung in die für Kartenabbildungen notwendige flache Darstellung umzuwandeln. Für diese sogenannte Projektion verwendeten sie zu allem Überfluss auch noch sehr unterschiedliche geodätische Bezugspunkte (geodätisches Datum) und sogenannte Ellipsoide. Allein mehr als 200 solcher geodätischer Bezugspunkte waren in Gebrauch. Die Folge war, daß eine Koordinatenangabe zur Bestimmung einer Position, je nach Projektion, Ellipsoid und geodätischem Datum die ihr zugrunde lagen, zu Abweichungen von über 1.000 Metern führen konnte. Daher wurde Anfang der 80er Jahre das sogenannte „World Geodetic System 1984 (WGS 84)" entwickelt. WGS 84 ist derzeit der weltweit gültige Standard für Kartenprojektionen, auf ihn werden beispielsweise auch alle neuen Karten in Deutschland ausgerichtet.

Insofern war zwar die Grundsatzentscheidung einfach, WGS 84 auch als Bezugssystem für die ISOS-Verbreitungskarten zu benutzen. Doch leider stellte sich heraus, dass für viele Otter-Verbreitungsdaten entweder überhaupt keine Koordinaten vorlagen oder diese sich auf andere Projektionen bezogen. Einheitliche Koordinaten sind aber die Voraussetzung dafür, Daten mittels eines Geographischen Informationssystems (GIS) bearbeiten zu können. Ohne solche Koordinaten ist der Computer nicht in der Lage, eine Information einem bestimmten Punkt zuzuordnen und beispielsweise Verbreitungsdaten in eine Verbreitungskarte umzuwandeln. ISOS baut jedoch auf einem GIS auf, denn nur so lassen sich Daten für einen so großen Raum wie Europa wirklich zuverlässig verarbeiten und schnell aktualisieren.

Also musste ISOS für die Fälle, in denen sich die verfügbaren Koordinaten zu Otter-Verbreitungsdaten nicht auf WGS 84 bezogen, um ein spezielles Computerprogramm erweitert werden, das in der Lage ist, die Koordinaten von einer Projektion auf die andere umzurechnen.

Um auch für die Gebiete Informationen erhalten zu können, aus denen bisher keine Koordinaten für die Otter-Verbreitungsdaten vorlagen, musste zunächst eine topographische Kartengrundlage gefunden werden, die für ganz Europa einheitlich ist. Nach langem Suchen wurde man bei der NATO fündig und nach Überwindung bürokratischer Hindernisse gelang es, von dort Karten zu erhalten, die den Fachleuten in den einzelnen Ländern zur Ermittlung der Koordinaten für ihre Daten zur Verfügung gestellt werden konnten. vergrößern!

Zunehmend geschieht dies jedoch schon nicht mehr anhand von Karten, sondern mittels des GPS (Global Positioning System). Dabei werden über einen speziellen Empfänger Satellitensignale zur Positions- bzw. Koordinatenbestimmung benutzt.

Nachdem die Frage einer einheitlichen Grundlage für die Dateneingabe geklärt war, musste auch eine Lösung für eine einheitliche Datenausgabe in Form von Verbreitungskarten gefunden werden. Eine Übertragung der Erhebungsergebnisse in topographische Karten schied dabei aus, denn für viele Länder gibt es diese Karten noch nicht in digitaler Form. Zudem hätte die dann zu verarbeitende Datenmenge ungeheure Rechnerkapazitäten erfordert. Und letztlich hätten die topographischen Informationen (Flüsse, Städte, Straßen, usw.) die Verbreitungsdaten derartig überlagert, dass solche Karten unlesbar geworden wären.

Daher ist es üblich geworden, Verbreitungsdaten als sogenannte Rasterkarten anzulegen. Dabei wird über ein Gebiet ein gleichmäßiges Gitternetz (Raster) gezogen und die Verbreitungsdaten werden einzelnen Rasterflächen (i.d.R. Quadraten) zugeordnet. Doch auch hier haben inzwischen viele Länder ihre eigenen Raster entwickelt, so dass es unmöglich ist, die einzelnen Länderkarten einfach zu einer Europakarte zusammenzufügen.

Als das einzige für ganz Europa nutzbare Gitternetz erwies sich letztlich das - ebenfalls von der NATO entwickelte und weltweit gültige - Gitternetz des Universalen Transversalen Mercator Systems (UTM). In digitaler, also für ein GIS verarbeitbarer, Form war dieses jedoch lediglich in einem Raster von 100x100 km bzw. von 50x50 km verfügbar. Das erschien aber für die Darstellung der Otterverbreitung als zu grob. Also musste für ISOS ein neues digitales UTM-Gitternetz für Europa entwickelt werden, das dem Standard der Erhebungsmethode entsprechend auf einem 10x10 km Raster basiert. All diese Vorarbeiten, von denen hier nur ein kleiner Ausschnitt angesprochen werden kann, waren nicht nur sehr zeitaufwendig, sondern kosteten auch sehr viel Geld. Sie waren daher nur deshalb möglich, weil dieses Projekt über zwei Jahre durch die Bundesanstalt für Arbeit, die Kurt-Lange-Stiftung und die Umweltstiftung der Hamburgischen Electricitäts-Werke finanziell gefördert wurde. Zudem unterstützte der Computer-Spezialist Klaus-Dieter Vieth als Mitglied der Aktion Fischotterschutz das Projekt bei der Lösung zahlreicher Programmierprobleme, insbesondere bei der Erstellung der umfangreichen Datenbankstruktur, die zur Speicherung und Bearbeitung der großen Datenmengen erforderlich ist. Unterstützt von Mark Ehlers lag die Hauptlast der technischen Realisierung von ISOS bei Anna Krekemeyer, die auch weiterhin bei der Aktion Fischotterschutz als Betreuerin des Systems fungieren wird.

Doch letztlich lebt ein Informations-System davon, mit Informationen „gefüttert" zu werden, und es bedarf daher der Mitarbeit von Datensammlern. Auf internationaler Ebene waren dies vor allem die Mitglieder der Otter Specialist Group (August 2004), die ihre Daten für die Erstellung der ersten digitalen Otter-Verbreitungskarte für Europa bereit stellten. (REUTER & KREKEMEYER 2004).

Auf der deutschen Ebene initiierte und organisiert die Aktion Fischotterschutz ein Netz ehrenamtlicher Mitarbeiter. Im Rahmen der regelmäßig im OTTER-ZENTRUM durchgeführten Spurensucher-Seminare werden interessierte und engagierte Naturfreunde geschult und mit der Standard-Verbreitungserhebungsmethode vertraut gemacht. Im Rahmen ihrer zeitlichen Möglichkeiten übernehmen diese Spurensucher dann eine bestimmte Anzahl von seitens der Aktion Fischotterschutz festgelegten Stichprobenorten, die sie einmal jährlich im Herbst auf Otter-Nachweise kontrollieren. Die Ergebnisse werden über ISOS gespeichert und ausgewertet. Im Rahmen alljährlich stattfindender Fortbildungs-Workshops werden den Spurensuchern dann diese Ergebnisse vorgestellt und deren Fertigkeiten in Sachen Spurensuche weiter verbessert. Sie haben zudem Zugang zu den ISOS-Daten, die außerdem für behördliche und wissenschaftliche, nicht jedoch für kommerzielle Zwecke zur Verfügung gestellt werden. So soll im Laufe der Zeit ein flächendeckendes Netzwerk (Bitte klicken Sie hier, wenn Sie sich über das ISOS-Netz informieren möchten!) entstehen, über das die Entwicklung der Otter-Verbreitung in Deutschland kontinuierlich beobachtet wird.

Literatur-Empfehlung:

REUTHER, C.; KREKEMEYER, A (2004): Auf dem Weg zu einem Otter Habitat Netzwerk Europa (OHNE) – Methodik und Ergebnisse einer Raumbewertung auf europäischer und deutscher Ebene. Arbeitsberichte der Aktion Fischotterschutz e. V., HABITAT-Band 12, 308 S. (deutsch-englisch).