Ergebnisse
16.06. bis 18.06.2008 im OTTER-ZENTRUM, Hankensbüttel.
Vor dem Hintergrund der Entwicklung zu einer Wissensgesellschaft und der Globalisierung des täglichen Lebens werden neue Anforderungen an die einzelnen Menschen und die gesellschaftlichen Institutionen, insbesondere im Bildungsbereich, gestellt. Um das Ziel einer zukunftsfähigen weltweiten Entwicklung zu erreichen, wie es auf dem Weltgipfel für Umwelt und Entwicklung von Rio de Janeiro (1992) und der Nachfolgekonferenz 2002 in Johannesburg von über 180 Staaten vereinbart wurde, sind beispiellose Anstrengungen notwendig. In diesen Konferenzen wurde dem formalen Bildungsbereich wie auch dem informellen Bildungssektor die Schlüsselrolle für die Schaffung eines Bewusstseins für Werte, Einstellungen, Fähigkeiten und Handlungsweisen, die mit einer nachhaltigen Entwicklung vereinbar sind, zugewiesen.
Neben der von der UN-Vollversammlung 2002 ausgerufenen Weltdekade „Bildung für nachhaltige Entwicklung“ (BNE) 2005-2014 und der deutschen Initiative „Nachhaltigkeit lernen“ wirken auf den Bildungsbereich weitere Impulse, wie beispielsweise die im „Übereinkommen über die biologische Vielfalt“ (Convention on Biological Diversity, CBD) enthaltene globale Bildungsinitiative CBD-CEPA (Communication, Education and Public Awareness) und die im November 2007 vom Bundeskabinett verabschiedete „Nationale Strategie zur biologischen Vielfalt“. Darin werden der Erhalt und Schutz der biologischen Vielfalt, die Nutzung und die gerechte Verteilung der sich aus der Nutzung ergebenden Vorteile und Lasten thematisiert. Eine große Herausforderung besteht zukünftig darin, diese unterschiedlichen Bildungsinitiativen im Sinne einer effektiven Öffentlichkeits- und Bildungsarbeit zu vernetzen und thematisch zu bündeln. Außerschulische Lernorte verfügen über sehr gute Ausgangsbedingungen, um diese Herausforderung erfolgreich zu gestalten, jedoch sollten ihre Bedeutung für das Bildungssystem eindeutig definiert, ihre Qualitäten weiter auf die Anforderungen der BNE abgestimmt, die Fortbildung der Lehrenden intensiviert und die Kooperationsmöglichkeiten mit Schulen weiter verbessert werden.
Der dritte Workshop der Veranstaltungsreihe, der vom 16. – 18. Juni 2008 im OTTER-ZENTRUM, Hankensbüttel stattfand, bearbeitete den Schwerpunkt „Außerschulische Lernorte“. Er hatte zum Ziel, die Umsetzung der BNE und den Erwerb von „Gestaltungskompetenz“ – als zentralem Lernziel der BNE – am Beispiel von präsentierten Projekten zu analysieren und zu diskutieren. Der Workshop sollte eine Plattform für den Informationsaustausch, für die Ideenproduktion im Hinblick auf neue integrative Projekte und für die Weiterentwicklung der Bildungskonzepte im Rahmen eines gemeinsam gestalteten, konstruktiven Diskurses bieten und damit die Fachleute aus unterschiedlichen Bildungsbereichen und Bildungsinstitutionen, aus Wissenschaft und Praxis, miteinander vernetzen.
Die Kommunikation unter den beteiligten Akteuren der Bildungstheorie und der Bildungspraxis, den Menschen mit Visionen und den „Bodenständigen“ stellte den Beginn eines Diskussionsprozesses dar. Rund 35 Fachleute aus Großschutzgebieten, Naturschutzverwaltungen, Natur- und Umweltzentren, Natur- und Umweltverbänden, Hochschulen und Naturschutzakademien sowie selbständige Umweltbildnerinnen und Umweltbildner kamen nach Hankensbüttel, um sich mit Vorträgen zu beteiligen und um in Ideen-Werkstätten sowie einem World-Café Maßnahmen und Projekte zu diskutieren und weiter zu entwickeln. Die Atmosphäre war von großer Offenheit und Kollegialität geprägt, so dass vielfältige Diskussionen mit dokumentierten Ergebnissen entstanden sind, die hier präsentiert werden.
Die Qualitäten außerschulischer Lernorte resultieren idealerweise aus den Eigenschaften und Kompetenzen, die im formalen Bildungssystem immer weiter zurückgedrängt werden oder dort nie zur traditionellen Ausstattung gehörten, wie beispielsweise:
Außerschulische Lernorte gehören in der Regel zum informellen Lernbereich, der sich außerhalb der formalen Bildungssysteme (Schule, Hochschule, Volkshochschule mit anerkannten Abschlüssen) befindet. Dieses Lernen in informellen, alltäglichen Zusammenhängen (z. B. beim Sport, am Arbeitsplatz, in Bürgerinitiativen, in Massenmedien, im Urlaub) ist eine wichtige Voraussetzung für eine erfolgreiche und sinnvolle Teilhabe und Teilnahme am Leben in einer immer komplexer werdenden Welt. Denn nach Schätzungen von Fachleuten findet rund 70 % des menschlichen Lernens außerhalb des formalen Bildungssystems statt.
Ästhetische, emotionale, soziale und fächerübergreifende Lernprozesse stehen in den außerschulischen Lernorten im Vordergrund. Damit stellen außerschulische Lernorte eine sinnvolle und notwendige Ergänzung zu den eher wissensorientierten schulischen Lernorten dar. Dies ist jedoch keine neue Erkenntnis. Schon Rousseau (1712-1778) sah eine wesentliche Aufgabe der Lehrpersonen darin, die Auseinandersetzung des Kindes mit der Umwelt zu fördern und Gelegenheiten für die selbsttätige Erforschung zu schaffen. Durch den Einsatz der kindlichen Sinne sollen Erfahrungen gemacht, Thesen gebildet und Erklärungen für Phänomene gefunden werden. Dabei ist es wichtig, die Neugier und Lernmotivation nicht durch lange Erklärungen zu ersticken, sondern durch aktives Zuhören zu stärken. Und auch in der Natur- und Umweltbildung wurde in den 1920er Jahren bereits das „Heraus aus der Schulstube“ propagiert.
Außerschulische Lernorte können Bauernhöfe, Museen, Sternenwarten, Umweltzentren, Science Center, Freizeitparks oder Großschutzgebiete, aber auch einfach Lebensräume wie ein Bachufer oder ein Wald sein. Sie werden einerseits aufgesucht, um unterrichtliche Aktivitäten zu ergänzen (z. B. historische Orte, Theater, Kunsthallen). Andererseits bilden sie zunehmend auch Ziele der Freizeitgestaltung (z. B. Zoos, Safariparks, Science Center), wenn die Informationen erlebnis- und unterhaltungsorientiert angeboten werden.
Den Institutionen des informellen Bildungssektors kommt eine besondere Bedeutung für die Umsetzung der Natur- und Umweltbildung sowie der Bildung für nachhaltige Entwicklung (BNE) zu, da sie aufgrund ihrer im Vergleich zum formalen Bildungsbereich höheren Flexibilität viel schneller auf die komplexen Anforderungen neuer Bildungskonzepte, wie der BNE, reagieren können. Im Hinblick auf die Umsetzung einer nachhaltigen Entwicklung ist einerseits zu fragen, wie sich im Rahmen der schulischen Ausbildung einzelne Lernorte und Lernmethoden miteinander kombinieren lassen, um möglichst effektiv die Grundlagen der nachhaltigen Entwicklung zu vermitteln und den Erwerb einer Gestaltungskompetenz für Denken und Handeln im Sinne der nachhaltigen Entwicklung zu fördern. Andererseits müssen auch große Anstrengungen unternommen werden, um den Erwerb von Gestaltungskompetenz im informellen Bildungsbereich (Arbeitsplatz, Freizeit, Familie etc.) zu stärken und die unterschiedlichen Zielgruppen innerhalb der Bevölkerung durch attraktive Angebote anzusprechen.
Folgende Aspekte konnten als zentrale Themen der Diskussionen auf dem Workshop identifiziert werden: